Aufruf der SIAJ
micha 29.08.2005 13:08
Hier der Aufruf der SIAJ (Sozialistische Internationale Arbeiterjugend):
Liebe Genossinnen und Genossen!
Wir laden Euch herzlich ein zum diesjährigen Sommercamp der Sozialistischen Internationalen Arbeiterjugend! Das Sommercamp der SIAJ bietet Euch die dialektische Einheit von Spass und Politik, von guter Musik, Kino und Tanz direkt am Ostseestrand und anspruchsvollem Subkulturprogramm bis hin zu direkter politischer Aktion.
Unser diesjähriges Sommercamp findet im Vorfeld der diesjährigen Bundestagswahl statt, wo wir alle mal wieder zwischen kleineren und grösseren Übeln wählen sollen. Darum wollen wir unser Zusammentreffen zum Anlass nehmen, um dem grössten Übel unter den Parteien, der NPD, mal eins ins Kontor zu hauen. Die NPD schickt sich an, als Sammelbecken des Nazigesocks in den nächsten Bundestag einzuziehen. Ostvorpommern ist seit vielen Jahren eine Hochburg der Nazis, folglich ist mit einer flächendeckenden NPD-Plakatierung bei der Anreise zum Sommercamp zu rechnen.
Da diese Naziplakate nicht nur das Strassenbild verschandeln und dem guten touristischen Ruf der Region schaden, sondern vor allem nationalistische und rassistische Hetze verbreiten, wollen wir bei unserem Besuch in Ostvorpommern möglichst viele dieser Plakate beseitigen! Wenn Ihr also mit dem Auto anreisen wollt, seid alle eingeladen, an der NPD-Wahlplakat-Abhäng-Rallye teilzunehmen. Diese Rallye ist der Weg zum Ziel. Viele Wege führen nach Ostvorpommern. Überall hängen oder stehen Nazi-Wahlplakate. Jeder, der eines dieser Plakate ins Ziel bringt, bekommt dafür den Unkostenbeitrag für das Sommercamp erlassen. Wer gar 100 dieser Plakate einsammelt, darf am Sonntag beim Tanz Der Arbeiterjugend als Schallplattenunterhalter für Tanzstimmung sorgen!
Hamburger Abendblatt
Zeitungsfritze 29.08.2005 14:08
Polizei droht: Autonome geben auf
ANKLAM -
Rund 1000 Jugendliche aus der linken Szene haben am Wochenende ein illegales Camp auf der Insel Usedom errichtet und sich ein stundenlanges psychologisches Tauziehen mit der Polizei geliefert. Die Beamten hatten mit Räumung gedroht. Erst gestern abend gaben die zum Teil aus dem harten Kern der Hamburger und Berliner autonomen Szene stammenden jungen Leute auf. Sie bauten ihre in einem Naturschutzgebiet aufgestellten Zelte und Wohnwagen ab, wie die Polizeidirektion in Anklam mitteilte. Die Polizei hatte zuvor starke Kräfte zusammengezogen und auch zwei Hubschrauber eingesetzt. Das Camp bei Peenemünde wollte für eine Aktion gegen Wahlplakate der rechtsextremistischen NPD mobilisieren.
Augenzeugen- und NDR-Bericht
andreas 29.08.2005 15:15
Ich war auf der Veranstaltung vor Ort, und bin immer noch tief beeindruckt davon, wie die Besucher sich gemeinschaftlich und friedlich dafür eingesetzt haben, weiter feiern zu dürfen.
Die Nachricht, daß die Sturmtruppen mit dem Ziel der Auflösung und Räumung der Party im Anmarsch seien, traf rechtzeitig ein, und alle Anwesenden versammelten sich nahe der Tanzfläche. Der DJ legte noch ein paar etwas anregendere Stücke auf. Kurz vor Eintreffen der Polizei lief dann ein Techno-Remix des Beastie-Boys-Stücks "You got to fight for your right to party". Es gab in dem Moment niemanden, der nicht auf beiden Beinen hüpfend die Faust in den Himmel reckte, und aus voller Brust mitsang. Vor der Bühne wurde eine große Anarchisten-Flagge geschwenkt.
Die Robocops kamen dann auch, umrundeten die Tanzfläche, und versuchten, von hinten ans DJ-Pult zu gelangen. Der per Lautsprecher vorgetragenen Aufforderung des DJs, doch mal nach hinten zu kommen, folgten dann genügend Tänzer. Jegliche Aggressivität gegenüber der Polizei wurde komplett vermieden, aber der Gürtel aus tanzenden Menschen war undurchdringlich. Die erste Reihe bildeten eine Handvoll Mädels, die sich spontan auszogen, um vor den Augen der Polizei nackt zu tanzen. Es gab dann eine Wiederholung der "You got to fight"-Performance. Die Energie der tobenden Masse, es erinnerte schon sehr an einen Kriegstanz, war dann offensichtlich ausreichend beeindruckend, so daß die Polizei auf das Kompromiß-Angebot "Party bis 18:00 Uhr" einging. Eine weibliche Pol-Kraft wurde sogar dabei beobachtet, wie sie den Helm abnahm und mitwippte.
Der Einsatzleiter, Kriminaloberrat Thomas Krense, war stinksauer. Er war aber auch leider gerade telefonieren, als die Jungs und Mädels in Uniform schwitzen mußten, und ist somit selber schuld, daß der Ober-Uniformträger seine Truppen keinem gesteigerten Risiko aussetzen wollte und diese abgezogen hat.
Die Pol-Kräfte waren ausgesprochen gut gelaunt nach der Aktion, ganz offensichtlich froh darüber, sich nicht mit einem Rudel wirklich entschlossener Leute anlegen oder gar nackte Mädchen verprügeln zu müssen.
Insgesamt: vielen Dank an die Veranstalter für die Organisation, vielen Dank an jeden einzelnen für die Disziplin, die zu einer erfolgreichen De-Eskalation geführt hat, und vielen Dank an das Lack Meck-Pomm für die Gastfreundschaft.
Ach ja: ich kann vermelden, daß die von mir gewählte Fahrstrecke von Berlin nach Peenemünde und zurück vollständig frei von NPD-Wahlpakaten ist.
In diesem Sinne: "You got to fight!"
Nachtrag
andreas 29.08.2005 15:30
Oh, den NDR-Bericht wollte ich noch mitschicken, wenn's funktioniert.
Druffies am Strand
Horst 29.08.2005 15:47
Die ganze Sache sollte hier nicht überbewertet werden. Richtig ist dass die S_U_Site-Veranstaltung einen gewissen (aber nicht zu hochgesteckten) politischen Anspruch hatte (Infoveranstaltung über das militärisches Versuchsgelände, freier Eintritt für Nazi-Plakate, keine Werbung oder SponsoringKrams – ähnlich wie auf der Fusion).
Das Publikum war bunt durchmischt (aber schon relativ alternativ) aber zum Großteil eher nicht politisch motiviert.
Zum Widerstand gegen die Polizei: Dieser war eher der Situation angemessen (Schutz des DJ-Pultes usw.) Aber die Cops hätte die Party auch ohne größeren Schwierigkeiten (vielleicht ein paar Rangeleien) beenden können. Ein richtiger Handgriff am Generator oder an der Endstufe und die Mucke wäre aus gewesen und dies hätte zwangsläufig zur Auflösung dieser Veranstaltung geführt (ohne das dort die Luft gebrannt hätte) ...
@andreas: Übrigens war die Strecke frei von NPD-Plakaten, weil dort einfach keine hingen.
"Dialektische Einheit von Spaß und Politik"
Dokumentation 30.08.2005 03:51
30.08.05
Usedom: Streit um linkes Camp friedlich beendet
Von Jürgen Seidel, Schwerin
Offenbar friedlich beigelegt wurde der Streit um ein in offizieller Lesart nicht angemeldetes Camp linker Kräfte auf der Insel Usedom, das am Wochenende in Mecklenburg-Vorpommern für einen Medienwirbel gesorgt hatte.
Agenturen berichteten am Sonntag, dass rund 1000 Leute aus der linken Szene ein »illegales Camp« errichtet hätten. Die Veranstalter sprachen von einer gezielten Aktion gegen die Nazi-Szene im Nordosten und NPD-Wahlplakate. Nach Polizeiangaben handelte es sich bei dem Treffen in der Nähe von Peenemünde um das Sommercamp der »Sozialistischen Internationalen Arbeiterjugend« (SIAJ).
Der Aufenthalt »einer Vielzahl von Personen« sei durch Vogelbeobachter bekannt geworden. Das Camp habe sich nicht nur in einem Naturschutzgebiet befunden. Dort würde auch noch Munition aus dem Zweiten Weltkrieg vermutet. Daher sei es durch die Bundesforstverwaltung als Eigentümer für jeglichen öffentlichen Verkehr gesperrt worden. Sie habe »insbesondere zum Schutz von Leben und Gesundheit der dort aufhältigen Personen« das Gelände räumen wollen und die Landespolizei um Amtshilfe gebeten. Die Polizei habe die rund 1000 Teilnehmer, darunter Familien mit Klein- kindern sowie Säuglingen, am Sonntagmorgen zur Räumung des Lagers aufgefordert. Ein Verantwortlicher vor Ort sei nicht auszumachen gewesen. Über die Stärke der Einsatzkräfte wollte eine Polizeisprecherin keine Angaben machen. Nach weiteren Verhandlungen am Sonntagabend einigte man sich darauf, das Gelände am Montagvormittag zu beräumen und zu übergeben. Laut Polizeibericht hätten sich bis etwa 12 Uhr auch die letzten Teilnehmer »ohne besondere Vorkommnisse« entfernt.
Zu dem SIAJ-Sommercamp unter dem Motto »Nazis abloofen!!!« hatte der Ortsverband Vorpommern eingeladen. Es war Ziel einer »NPD-Wahlplakatabhängerrallye« und sollte eine »dialektische Einheit von Spaß und Politik, von guter Musik, Tanz am Strand, spannenden Diskussionen und anspruchsvollem Subkulturprogramm« bieten.
Das Camp finde an einem ganz speziellen, geschichtsträchtigen und geheimnisvollen Ort statt, der seit 70 Jahren Sperrgebiet und der Öffentlichkeit verschlossen sei ? dem Gelände der ehemaligen Heeresversuchsanstalt Peenemünde, hieß es im Einladungsflugblatt. Das Motto sei aus aktuellem Anlass gewählt worden, da Vorpommern und Usedom Hochburgen der Naziszene seien. »Nirgendwo im Norden Deutschlands sind die Nazis zahlreicher und dreister als hier« Nach Angaben der Veranstalter war für das Camp eine Sondergenehmigung mit strengen Auflagen erteilt worden. Gegenüber der Polizei sollten sich die Teilnehmer freundlich verhalten und sich in Wort und Tat zurückhalten.
Homepage:: http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=77205&IDC=2
Bullenstress bei SIAJ Sommercamp
Verlinker 30.08.2005 04:09
http://de.indymedia.org/2005/08/126392.shtml
immer schön locker bleiben
horstiana 30.08.2005 11:32
ich weiß nicht, wie dieser horst auf solche ideen kommen kann und unsere politischen treffen als "party von irgendwem" bezeichnen und die gäste als "nicht politisch motivierte druffies" einordnen kann... nicht immer von sich auf andere schliessen, gell!
ich war auch bei dem diesjährigen treffen und konnte nicht feststellen, daß alle Leute dort "druff" waren. vielleicht hätte der horst sich mal an den diskussionsrunden beteiligen sollen
das die einsatzkräfte sich gegen die Gäste hätten durchsetzten können, wage ich zu bezweifeln - die zahlenmässige unterlegenheit der uniformierten war einfach nicht zu übersehen und der zweck heiligt ja auch nicht alle mittel!
I'll be back :-)