Persönliches Vorwort 2008 - 10 Jahre danach


 

Am 17.10.1998 gegen 13 Uhr verließ Boris F. die mütterliche Wohnung, am 22.10.1998 wurde er tot aufgefunden. Das polizeiliche Ermittlungsverfahren ruht seit einigen Jahren, aber der Wunsch, endlich den tatsächlichen Ablauf zu erfahren und den Vorgang vollständig aufzuklären, lässt weder die Eltern, noch diejenigen ruhen, denen der Fall nahe ging. Eine dem tatsächlichen Ablauf nahekommende Version des Geschehens haben die polizeilichen Ermittlungen jedenfalls nicht geliefert.

Andere Akteure wie Burkhard S. erweckten - insbesonders bei den Eltern - den Eindruck, Boris durch Ihre Art der Berichterstattung und Verdrehung der Fakten noch einmal umzubringen. Die Reaktionen auf den damit einhergehende Versuch, Produkte der Desinformation und reinen Phantasie wenigstens ohne den Familiennamen vagabundieren zu lassen, war auch nicht gerade von menschlicher Rücksichtsnahme geprägt.

Bei den nunmehr 10 Jahre andauerndem Versuch, Licht in die Angelegenheit zu bringen ist in der Tat einiges zutage gekommen, auch wenn die Ermittlungsbehörden nicht allen Erkenntnissen gleichermassen aufgeschlossen gegenüberstanden. Allerdings gab es auch eine Vielzahl von Abgründen von Desinformation und abweisenden Verhaltensweisen zu verarbeiten. Zudem ist die Beschäftigung mit einem Mord nicht jedermanns Sache. Man lernt seine Umwelt und Mitmenschen auch nochmal ganz anders kennnen.

Als einer der ersten, die vom Verschwinden von Boris erfahren hatte, gekoppelt mit meinem damals schon ueber zehnjährigen mitwirken im CCC hatte ich auch damals schon mehr als eine grobe Ahnung, in welchem Spannungsfeld sich Boris befand. Schon die Hintergründe des 1989 verstorbene Karl Koch hatten deutlich gemacht, daß IT-Sicherheitsprobleme im Spannungsfeld von miliärischen Nachrichtendienste von den dort zuständigen Stellen mit wenig Rücksicht auf menschliche Schicksale behandelt werden. Für Trons Betätigungsfeld im Kontext von Chipkarten und Verschlüsselung waren zwar eher die "privaten Sicherheitsdienste" globaler Konzerne zuständig, deren Arbeitsmethoden aber starke Ähnlichkeiten aufweisen.

Für mich ist aus dem Menschen Boris wohl zwangsläufig der Fall Tron geworden, der m.e. lückenlos aufgeklärt gehört, um Wiederholungen zu vermeiden. Dazu gilt es aber auch, die Strukturen dahinter zu verstehen; die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die Techniken der Nachrichtendienste, der Täuscher und Trickser, die Methoden der Desinformation etc. In einer Zeit, die zunehmend vom Wirken der erwähnten Konzerne und Nachrichtendienste geprägt sind, ist die Kenntnis der dortigen Vorgehensweisen zunehmend notwendig, um nicht lebensnotwendig zu schreiben.

Man mag zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen im Fall Tron kommen, letztlich gibt es in den Details hier viel zu verstehen und zu lernen. Nicht nur, aber vor allem die Familie hat ein Recht darauf zu erfahren, was wirklich geschehen ist. Dieses Wissen gilt es m.e. zu erarbeiten und zu teilen, um Wiederholungen zu vermeiden.

Andy Müller-Maguhn im Oktober 2008