Transkript

CC2 Podcast

Ausgabe 17 vom Montag, den 13. November 2006


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Interview mit Dieter Richter, Direktor des Metrologischen Instituts der PTB in Berlin


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W2: Wir haben ein ganzes Bündel von neuen Themen für Sie vorbereitet, unter anderem wollen wir auch noch mal auf die Wahlcomputer eingehen, denn das hat doch einiges an Interesse draussen verursacht... hervorgerufen. Es waren wohl auch einige dabei, die ziemlich unseriös reagiert haben, aber ich habe einen schnellen Mausfinger das geht  klick und weg, sowas lese ich mich mir wirklich nicht durch.


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W2: Gut, wir sollten wir uns erst einmal über die Wahlcomputer unterhalten. Ich bin nach wie vor der Meinung dass diese Geräte - ich muss sie nicht unbedingt haben, aber da ich selbst seit vielen Jahren Wahlhelfer bin und weiss was das manchmal vor allem Dingen mit Europawahl für eine wahnsinnige Auszählerei ist - ist es eine sehr, sehr große Hilfe und ich bin davon überzeugt, dass sie so sicher sind, wie sie sicher sein können.


W1: Da sind wir ja glücklicherweise mal einer Meinung...


W2: ...schrecklich....


W1: ...denn ich habe das ja nun auch alles mitgemacht, das wird mir ja quasi vorgeworfen ich würde mich ja immer drauf berufen, dass ich Wahlhelfer sei so lange Zeit. Aber ich glaube man muss ein wenig Erfahrung haben, um das überhaupt einschätzen zu können. Meinen Wahlcomputer den hat noch keiner manipuliert und wenn er das versuchen würde, ich würde das sofort merken, wenn da einer da im Raum herumsitzen würde mit Antennen ausgebaut und würde versuchen abzuhören auch den würden wir stellen und würden den rausschmeissen.


W2: Ja und außerdem was da als Hack gelaufen ist, dann ist so eine Geschichte, da vergleicht man Äpfel mit Birnen. Das sind andere Versionen gewesen, anderes Betriebssystem, andere Software und das kann man nicht sagen, was in Holland geht, das geht bei uns auch.


W1: Und deshalb haben wir das Thema noch mal aufgegriffen. Wir sind verbunden mit Berlin. In Berlin ist auch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt - die Filiale davon - und dort gibt es einen Professor Dieter Richter. Und er hat diese Maschinen geprüft. Haben sie denn alles richtig gemacht bei der Prüfung Herr Professor Richter.


Richter: Ja, wir gehen davon aus, dass wir das richtig gemacht haben. Zumindest haben wir keine Rückkopplungen aus den - ja wie lange machen wir das - seit 1999 werden die Geräte in Deutschland eingesetzt, seit 1998 machen wir Prüfungen dazu - und bisher haben wir keine Rückkopplungen, dass die Prüfung nicht gründlich genug gewesen wären, etwas übersehen geworden ist. Ich glaube schon, dass das, was wir gemacht haben, richtig gemacht haben.


W1: Was ist denn jetzt mit diesem Hack aus Holland? Hat der sie erschrocken, oder? Fassen sie den jetzt an und gehen den Sachen nach, die da drin sind?


Richter: Das hat uns in der Tat überrascht. Wir haben ohne Vorwarnung Kenntnis erhalten - wie viele andere - über diesen Hack. Wir haben diese Möglichkeit, diese Wahrscheinlichkeit, dass das theoretisch möglich ist, wohl im Auge gehabt, bedacht, es aber doch als relativ unwahrscheinlich angesehen, dass das auch tatsächlich mal gemacht werden kann. Man sollte auch hier mal anmerken: das ist nicht während einer laufenden Wahl gemacht worden sondern das sind gezielt Geräte besorgt worden, um zu beweisen, dass man die Software manipulieren kann. Das ist gelungen. Das ist auch nachvollziehbar, wie es beschrieben ist. Und das wird man bei zukünftigen Überlegungen beachten müssen.


W2: Gibt es eigentlich Unterschiede zwischen den Wahlcomputern so wie sie da gehackt worden sind und unseren hier in Deutschland.


Richter: Ja, es gibt Unterschiede, aber ich kann sie ihnen nicht beschreiben, weil wir die holländischen Maschinen nicht kennen. Wir haben ja nur die Maschinen geprüft und wir haben auch die Maschinen hier jeweils ein Muster die in Deutschland eingesetzt werden....


W2: Also man kann das auf jeden Fall nicht 1:1 übernehmen und sagen: Holland ist gehackt worden, geht bei uns genauso.


Richter: Man kann.. die Software ist eine andere bei den holländischen Maschinen, vermutlich auch beim Hardwareaufbau, vermutlich bei den Maschinen, die gehackt wurden, da fehlen uns die genauen Informationen, welche Maschinen, welchen Typ von Maschinen, aus welcher Serie, aus welcher Baureihe, aus welchem Jahr die stammen.


W2: Die werden auch bewusst zurückgehalten, die Baureihe und die Seriennummern der gehackten Maschinen?


Richter: Zumindest haben wir nicht die Informationen und Nachfragen um das aufzuklären sind bisher noch nicht so beantwortet worden, dass wir das genau jetzt rekapitulieren können, welche Maschinen das waren, welche Unterschiede das waren. Es gibt ja übrigens eine - wird immer wieder verwiesen in Veröffentlichung auf eine vergleichende Analyse der holländischen TNO, also einer Prüfinstitution, den habe ich gesehen, aber auf holländisch... konnte ich aber noch nicht lesen. Mir ist also nicht klar, was da verglichen worden ist, wo angeblich die Unterschiede der holländischen und der deutschen Maschinen nur marginaler Art sein... nachdem die Unterschiede nur marginaler Art sein sollen. Ich weiß nicht was da verglichen worden ist, deswegen kann ich das nicht kommentieren oder bewerten.


W1: Ist denn der Hersteller - NEDAP ist da ja wohl - ist der denn auch nicht gesprächig, hält der auch alles zurück?


Richter: Also in den ersten Tagen, nachdem der Bericht der holländischen Initiative bekannt wurde wusste NEDAP offenkundig nicht - wir sind im Kontakt, wir waren im Kontakt dazu - offenkundig auch nicht, wo die Maschinen her waren. Jetzt in den letzten Tagen habe ich jetzt keinen aktuellen Kontakt... also ich habe von der Firma NEDAP keine sichere Auskunft, welche Maschinen bei der Initiative verwendet wurden.


W2: Wie sieht's denn jetzt mit unserer Wahl aus? Gehen sie denn den Sachen nochmal nach?


Richter: Ja, da muss ich vielleicht... ja, natürlich gehen wir der Sache nach. Und die Tatsache, dass die.. dass es gemacht worden ist... eine theoretische Option jetzt auch gemacht worden ist und veröffentlicht worden ist - das ist ja bei der ganzen Angelegenheit vielleicht noch wichtiger als die Tatsache selbst dass es gemacht worden ist - hat neue Fakten geschafft, die bei zukünftigen Überlegungen beachtet oder berücksichtigt werden müssen. Ich möchte aber gerne hinzufügen, weil das in den auch in vielen öffentlichen Diskussionen ein bisschen kurz kommt: die Maschinen und die Sicherheit der Maschinen, die Funktionsfähigkeit, die Richtigkeit der Maschinen werden  geprüft. Aber das ganze ist eingebettet in ein Gesamtkonzept, der Absicherung der Wahlen auf der Basis von Wahlgeräten. Übrigens benutze ich lieber den Begriff Wahlgeräte als Wahlcomputer, aber das wäre ja noch ein anderes Thema. Es gibt ein Gesamtpaket von Absicherungsmassnahmen. Dazu gehört natürlich die Prüfung, die Bauartprüfung bei uns, also die Feststellung, dass die Maschinen alle an sie gestellten Anforderungen erfüllen. Dazu gehört die baugleiche Produktion der Maschinen durch den Hersteller und die Verpflichtung des Herstellers, genau dies zu tun. Dazu gehören gewisse Checks und Überprüfungen, die in den Wahlämtern der Städte und Gemeinden, die von den Wahlvorständen vor Beginn der Wahl durchgeführt werden müssen. Dazu gehört die sichere Aufbewahrung zwischen den Wahlen und - nicht unbedeutend - auch die Möglichkeit im Zweifelsfalle einen Vergleich durchzuführen der jeweiligen... der einzelnen eingesetzten Geräte - also insbesondere Vergleich der Software oder EPROMs - mit dem Muster, was hier bei uns aufbewahrt wird.


W1: Während der Wahl auch?


Richter: Während der Wahl ist es nicht möglich. Aber vor der Wahl könnte das gemacht werden. Wir haben das ja übrigens auf Bitten der Stadt Cottbus, die jetzt kürzlich Oberbürgermeisterwahlen hatte, gemacht. Das war jetzt... die Wahl fand nach Veröffentlichung des Hackberichtes statt und da war eine besondere Aufmerksamkeit und ein besonderes Bedürfnis noch einmal abzusichern, dass die Geräte die in Cottbus eingesetzt werden, auch tatsächlich die sind, die geprüft wurden und in diesem besonderen Fall ist es jetzt angefordert worden und da haben wir diesen Vergleich gemacht.


W1: Haben sie schon die Petition unterschrieben? Wenn sie unterschreiben unterschreibe ich auch.


W2: Nein, auch dann unterschreibe ich nicht.


Richter: Nein, das ist nicht unsere und meine Angelegenheit. Wir sind nüchterne Techniker...


W2: Ja


W1: Ja, wir auch...


W1: Ich weiß nicht ob wir dazu beigetragen haben, dass es ein bisschen ruhiger wird in der Szene oder ob wir dazu beigetragen haben, dass es noch aufgewühlter wird.


W2: Auf jeden Fall erstmal herzlichen Dank an für die seriösen und sachlichen Informationen, die wir bekommen haben


Richter: Okay


W1: Guten Tag nach Berlin


Richter: Guten Tag