Transkript

CC2 Podcast

Ausgabe 16 vom Montag, den 7. November 2006

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Interview mit Gerd Rütten, Leiter des Wahlamts Köln



W1: In der letzten Zeit da geht es so richtig munter zu im Internet. Da wird diskutiert und nachdem ich das Thema mal kurz bei uns auf der Internet-Seite hatte wurde ich auch gleich beworfen, ich sei irgendwo in die Schuhe der Werbung getreten. Es geht dabei um Wahlcomputer und zwar Wahlcomputer der Firma NEDAP. Das wollen wir hier in Köln jetzt mal bereden, denn hier in Köln wird zu 100% mit Computern gewählt und die Computer kommen von der Firma NEDAP aus Holland. Die werden angegriffen, dass sie unsicher sein.


W2: Hier bei uns im Studio ist Herr Gerd Rütten, er ist der Wahllleiter von Köln. Wie sehen Sie das denn: sind die so unsicher?


Gerd Rütten: Ja, schönen guten Tag erst mal. Eine kleine Korrektur, nur der Form halber, ich bin nicht Wahlleiter, das ist unser Oberbürgermeister, jedenfalls bei allgemeinen politischen Wahlen. Ich bin Leiter des Wahlamtes. Die Unsicherheit ist hochgekocht durch einen - denke mehr oder weniger bekannten - Beitrag aus Holland heraus und was wir auch feststellen er polarisiert im Moment die Gemüter. Entweder man ist für Wahlcomputer oder man ist dagegen. Wir als Organisation der Verwaltung die zuständig ist für das Wahlgeschäft wir betrachten halt nicht nur diese Software - die natürlich wie jede Software mehr oder weniger angreifbar ist, da machen wir uns nichts vor - sondern wir betrachten die Gesamtheit der Wahl und insbesondere die Organisation die wir um eine Wahl herum legen, um nämlich genau diese Sicherheit zu gewährleisten, dass die einzelne Stimme korrekt erfasst, zugeordnet und auch ausgewertet werden kann.


W1: Auch wenn man mir jetzt wieder vorwirft ich würde in die Stapfen des NEDAP-Computers treten wollen in die Presseverlautbarung: ich bin also auch seit vielen, vielen Jahre Wahlhelfer hier in Köln, habe die Wahlen mitgekriegt als man dann auch ausgezählt und habe dann die Computer als sie ankamen mitgekriegt. Ich dachte zuerst der Computer sieht aus wie ein selbstzusammengebauter C64 - sieht ein bisschen primitiv aus, auch der kleine Drucker, der da drin ist sieht ein auch ein bischen primitiv aus, aber: er tut es. Ich habe also festgestellt, dass da keine Manipulation - eigentlich - möglich ist und wenn da einer die Strahlen abhören würde und würde drei Meter entfernt da sitzen würde seine Antennen auspacken oder hätte irgendeinen Koffer dabei und würde das Wahllokal nicht verlassen, da würden wir als Vorstand doch schon überlegen:  was macht der eigentlich so lange da? Obwohl er es dürfte...


W2: Gut so ziemlich dumm und offensichtlich würde es wohl keiner machen. Meine Frage ist eigentlich: wie ist denn sichergestellt, dass die Software in diesem Rechner tatsächlich nicht sagt: "soundsoviel Prozent von Wählern der einen Partei zwacke ich ab und schieb sie der anderen zu". Das kann so ein Rechner doch eigentlich machen. Wer prüft die Software, wer garantiert, dass das nicht geschieht?


Rütten: Also rein theoretisch - ich sagte schon die Software als solches ist wie jede Software natürlich veränderbar - aber sie müssen es im gesamten sehen: die Geräte sind solange wir keine Wahl haben wirklich in vernünftiger Art und Weise - wobei ich hier nicht weiter ausführen möchte wie -  unter Verschluss, so dass also zu dem Zeitpunkt also gar kein Zugang zum Gerät möglich ist. Denn das wäre ja der erste wichtige Schritt. Das sind alles sogenannte Standalone-Geräte, die sind ja nicht irgendwie vernetzt, das heißt ich muss mir also selber ja wirklich den Zugang und den Zugriff auf das einzelne Gerät schaffen. Ich kann da nicht von außen ran. Dann werden die Geräte bei uns im Wahlamt durch städtische Bedienstete des Wahlamtes programmiert und fertig gemacht und zwar kurz vor einer Wahl erst. Das heißt das Zeitfenster als solches, wo überhaupt eine Manipulation möglich wäre, schrumpft damit natürlich sehr deutlich zusammen. Die Jahre, die wir jetzt bis 2009 - wenn alle Koalitonen stabil halten - ja wahlfrei sind nützen mir im Zweifel als potentieller Hacker überhaupt nichts, um mir Gedanken zu machen, wie kann ich denn die Wahl knacken. Anschließlich werden die Geräte mit speziellen Kurierdiensten von uns aus unmittelbar in die Wahllokale in die einzelnen Stimmbezirkslokale transportiert und werden auch dort wieder unter Verschluss gehalten bis zu dem Sonntagmorgen wo der Wahlvorstand dann die Geräte in Empfang nimmt und sich dann dort erstmal über die Unversehrtheit der Siegel und der Plomben vergewissert, um festzustellen dass also bis zu dem Zeitpunkt, wo es in die Verantwortung des Wahlvorstandes geht auch nichts an dem Gerät gemacht werden konnte.


W1: Da bin ich jetzt gefragt, weil ich ja Wahlhelfer bin. Da werden zwei Schlüssel verteilt, ein roter und ein weißer Schlüssel. Mal ist es der Vorstand einen und der Schriftführer einen und diese beiden Schlüssel werden benötigt, um den Computer zum Laufen zu bringen und sie werden nachher benötigt um den Drucker zum Laufen zu bringen, also um das Ergebnis auszuwerfen. Wie sieht's denn eigentlich aus, es wird dann immer eine Kassette nachher rausgenommen und die Kassette wird dann zum Wahlamt gebracht - das ist glaube ich die offizielle Kassette. Kann man die während der Autofahrt nicht fälschen oder sowas? Was ist das, ein Eprom oder.. ?


Rütten: Es ist ein Eprom und, nun, der Transport als solches geschieht ja durch den Schriftführer oder die Schriftführerin des Wahlvorstandes oder zumindestens von einer namentlichen bekannten und auch für dieses Amt als solches verpflichteten Person und es gibt aber auch auf dem Eprom selber Sicherungsmechanismen, wo ich also nicht einfach nur mal paar Stimmen hin- und herschieben kann, sondern schon ganz konkret dieses eine Eprom auch nur von diesem einem Gerät kommen kann und eine Manipulation von außen würde dazu führen dass in der eigentlichen Auswertesoftware dann dieses Eprom nicht mehr zugelassen wird.


W1: Ist das dann anders als in Holland?


Rütten: Das ist anders als in Holland - wie gesagt, wir haben hier immer das unter dem deutschen Wahlrecht zu betrachten und unter der deutschen Bauartzulassung und letztendlich müssen sie es ja auch so sehen: bevor es zu diesem Transport durch eine Person dieses Eproms kommt wissen sie hat der Wahlvorstand das Ergebnis als solches schon festgestellt und auch auf Papier gebracht. Der Transport ist...


W1: ...und telefoniert...


Rütten: und telefoniert um dieses Ergebnis... um genau dieses Ergebnis also vor dem eigentlichen Transport dann auch uns als Wahlamt dann bekannt zu geben und wenn es dann da zu Abweichungen käme dann würde immer das Ergebnis des Wahlvorstandes zählen und nicht das Ergebnis eines wie auch immer und wodurch auch immer manipulierten Eproms was auf der Fahrt dann zu der Ausleseeinheit...


W2: Was ist denn eigentlich der Grund dafür, dass man auf Computer umsteigt? Ist das nur die Arbeit das Auszählen - was ja teilweise sehr schwierig ist - oder sind das auch Kostengründe?


Rütten: Nun auf der einen Seite ist es die Arbeit. Sie werden es bestätigen können gerade wenn sie jetzt diese Generationswechseln zwischen der Stimmzettelwahl und jetzt der Gerätewahl auch mitgemacht haben


W1: Etwa ne halbe Stunde schneller.


Rütten: Ja. Und das muss man sehen wir haben hier in NRW noch ein verhältnismäßig einfaches Wahlrecht was Kommunlawahlen und Landeswahlen angeht. Es gibt andere Länder da zählen sie kumuliert und panaschiert aus...  bis hin zu Hamburg hat jetzt glaube ich 90 Stimmen, das schaffen sie als Wahlvorstand noch nicht mal mehr an dem Abend. Die Kollegen in Hamburg die sind jetzt da die digitaler Stift und dergleichen mehr am Überlegen. Es ist also auf der einen Seite dieser Vorteil für den Wahlvorstand, das Ergebnis zu haben. Auf der anderen Seite, man muss es auch wirklich so sehen, es ist ein genaueres Ergebnis als das Auszählen von Stimmzetteln. Weil Sie wissen es nun mal - Sie kommen aus dieser Technik heraus und aus dieser Materie heraus - wenn die Maschine richtig zählt, verzählt sie sich nicht. Das kann man einem Mensch nicht...


W1: Also wir hatten auch oft mal so eine Stimme irgendwo die lag dann auf dem Fenstersims, keiner hat sie gesehen, weil alle sich in die Mitte stürzten und dann ist das Wahlergebnis mit der einen falschen Stimme ist dann rausgegeben...


Rütten: So. Und dann suchen Sie. Weil letztendlich sie müssen sie können erst dann das Ergebnis abschliessend feststellen wenn sie halt zu 100% richtig haben und wir haben Wahlvorstände... wir merken es ja und sehen es ja immer noch bei der Briefwahlauszählung, denn die entspricht ja im Prinzip der normalen Stimmzettelwahl wie sie früher in den Wahllokalen war


W1: Bei der Briefwahl stelle ich mir ganz einfach vor, dass das auch heute noch kompliziert ist, weil das per Hand geschieht.


Rütten: Ja es ist kompliziert, also sie sehen es ja auch am Wahlabend: die Wahlergebnisse fliessen ja von den einzelnen Stimmbezirken ein. Wir haben ungefähr nach 30 Minuten alle Stimmbezirke, alle Wahllokale schon in unserer Software drin und sie wird ja auch neben entsprechend veröffentlicht aber bis dass sie den letzten Briefwahlbezirk ausgezählt haben und das Ergebnis vom Wahlvorstand haben da warten sie im Zweifel auch zweieinhalb Stunden.


W1: Jetzt doch noch die Frage: sie glauben also dass wir auf der sicheren Seite sind mit den Wahlcomputern, dass die PTB, also die Physikalische Technische Bundesanstalt, dass ja auch abgenommen hat. Sind die denn jetzt durch die holländischen Eröffnungen da jetzt tätig geworden, haben die das mitgekriegt? Werden die das nochmal neu prüfen?


Rütten: Also die PTB hat es mit Sicherheit mitbekommen. Ich gehe Stand heute davon aus mit dem Wissen nicht nur wie gesagt bezogen auf die Software sondern auf das gesamte komplexe Thema der Wahlgeräte, dass unsere Wahlgeräte sicher sind. Ich gehe aber weiter davon aus, dass natürlich auch die PTB als Zulassungsbehörde die Diskussion und die Erkenntnisse verfolgen wird und da auch die geeigneten Massnahmen ergreifen wird.


W1: Wie geht's denn weiter?


W2: Wenn alles so weiter geht, die Koalitionen so weiter gehen sind wir erst 2009 wieder dran. Bis dahin können wir doch das alles gelöst haben. 


Rütten: Natürlich. Das mit Sicherheit.


W1: Ja vielen Dank.


Rütten: Bitte gern geschehen.